Tag 7, 03.06.2011: Oban - Portree

Blick aus dem Zelt

Die Sonne schien und da ich eine möglichst frühe Fähre von Mallaig auf die Isle of Skye erwischen wollte, beeilte ich mich mit dem Zeltabbau und fuhr früh los. In der vorletzten Kurve vor der A830 passierte es dann: Bei relativ geringer Geschwindigkeit (50-60km/h) und mittlerer Schräglage rutschte plötzlich das Vorderrad kurz weg. Das Rad bekam wieder Grip, dabei verringerte sich die Schräglage der MZ. Ich nutzte die Gelegenheit, um noch voll in die Bremsen zu packen und so die Fahrt rauszunehmen. Dabei verringerte sich die Schräglage weiter und ich fuhr Richtung Straßenrand. Beinahe hätte ich die Kurve noch geschafft, aber das Vorderrad verließ die Straße und sackte sofort in dem weichen Boden ein, woraufhin der Sturz unausweichlich war. Während die Emme einschlug, verließ ich gezwungermaßen meinen Sitzplatz und näherte mich ballistisch mit nach vorne ausgestrecken Armen dem Boden. Nach dem ziemlich herben Einschlag rutschte ich noch einige Meter bergab, verlor dabei das Visier und baute die Fahrt mit Händen, Helm und Brust ab. Nachdem ich zur Ruhe gekommen war, stand ich auf und spürte direkt, dass mit den Fingern der rechten Hand was nicht in Ordnung war. Sonst schien aber noch alles an mir dran zu sein und ich schaute nach der MZ. Diese sah zwar fürchterlich aus, hatte aber, trotz des Einschlags, scheinbar nicht allzuviel abbekommen, was vielleicht auch daran lag, dass sie, im Gegensatz zu mir, das weiche Erdreich als Bremse benutzte und nicht den harten Asphalt. Das völlig verbogene Schutzblech zog ich direkt wieder grob in Form, nur der verdrehte Lenker machte mir Sorgen.
Als ich dort am rödeln war, kam jemand in einem Auto vorbei und half mir ohne zu zögern, die ES aufzurichten und an eine Stelle zu schieben, wo ich Platz hatte. Er fragte mich, ob mit mir alles ok sei. Da meine Finger zwar schmerzten, aber keinen wirklich kaputten Eindruck machten, winkte ich ab, woraufhin er erstmal seine Tochter in die Schule brachte. Ein paar Minuten später tauchte er ohne Tochter wieder auf und fragte nochmals, ob alles klar wäre. In der Zwischenzeit hatte ich grob alles gecheckt und auch den Lenker nach Lösen der Klemmung wieder an die korrekte Position gebracht. Da ich der Meinung war, dass ich so zumindest erstmal weiterfahren könnte, dankte ich ihm nochmals und er fuhr weiter. Während ich danach den Rest des Moppeds und meiner selbst wieder in Form brachte, kamen noch ein paar Spaziergänger vorbei und fragten, ob ich Hilfe bräuchte. Seitdem besteht für mich kein Zweifel mehr: Die Schotten sind eindeutig ein hilfsbereites Volk.
Beim Warten auf die Fähre (ich hätte beinahe doch noch die gewünschte Fähre erwischt) holte ich mein Frühstück nach und überlegte, ob ich nach dem Besuch der Isle of Skye direkt zurückfahren sollte. Ich entschied mich erst einmal dagegen, obwohl ein Benutzen der vorderen Bremse nur im Notfall und unter wirklich viel Schmerzen möglich war.
Armes Eisenschwein grob gerichteter Kotflügel
verdrehter Lenker Unfallstelle.
Hier buddelte sich das Vorderrad ein. Der linke Koffer hat vermutlich mit der Ecke den Begrenzungspfosten erwischt.
Auch so hat der Koffer wohl viel Energie abbekommen Kampfspuren an der Jacke...
die billigen Sommerhandschuhe haben gut gehalten
Nach der Überfahrt fuhr ich, um nicht dem Pulk von Autofahrern von der Fähre zu folgen, erstmal auf eine kleine Straße Richtung Süden, die aber nach ein paar Meilen endete. Danach ging es wieder Richtung Norden und ich bog auf eine kleine Straße ab, die am Dunscaith Castle vorbei führte. Warum ich dort keine Fotos machte, ist mir nicht ganz klar, aber besonders groß war die Burg eh nicht. Auf der A87 fuhr ich weiter Richtung Nordwesten, bis ein kleines Schild auf das Dorf "Moll" hinwieß. Die kleine Straße, bei der man auf einer GS sicherlich besonders viel Spaß gehabt hätte, führte am Meer entlang und bot eine wunderbare Aussicht, ausserdem war auf dieser Straße nichts los. Das Dorf Moll bestand aus einem Haus, soviel dazu. Aber immerhin eine eigene Straße. ;-)
Warten auf die Fähre verspätetes Frühstück
bestes Wetter (und noch mehr Hunger) Kurven
... Nationalsport Golf: Opa bringt den Enkeln das Spielen bei
... dort stand wohl mal ein Castle
Straße Richtung Moll ...
Allerbester Straßenbelag... Die Isle of Skye ist schön
... ...
... Frischer Sprit in Dunvegan
IMG_0769_small ...
unbekanntes Castle nautische Szene
diebisches Karnickel

Auf der A863 fuhr ich über Bracadale, Dunvegan und Carbost Richtung Portree, wo ich mir einen Zeltplatz suchen wollte. Den nördlichen Teil der Insel sparte ich mir aufgrund der Handverletzung, zumal ich die A87 als nicht besonders spannend empfand. Auf dem Zeltplatz in Portree wurde ich mit "no rain, no midges, welcome to my campsite!" begrüßt, der Platz gefiel mir auch recht gut. Dank des Windes waren Midges wirklich kein Thema, auch die zwischenzeitlich aufgezogenen Wolken entluden sich nicht über mir. Während ich duschte, wollte ein Karnickel sich offenbar an meinen Vorräten gütlich tun, denn als ich zurückkam, hoppelte es gerade aus meinem Zelt. Entweder das Zeug von mir schmeckte ihm nicht, oder ich kam rechtzeitig, bevor es etwas stibizen konnte, denn es war nix angeknabbert und so futterte das Tierchen Tannenzapfen und ließ sich kaum von mir stören, als ich zum fotografieren nah rankam.

Gefahrene Route

Tag 8, 04.06.2011: Portree - Big Sand

Zerlplatz in Portree
Single-Track again
...
Wasser in Sicht
Fähre Fähre
Das Wetter war bestens, meiner Hand ging es wieder etwas besser, also entschloß ich mich zur Weiterfahrt gen Norden.
Mein Zeltnachbar kam mit mir ins Gespräch und erzählte mir, wo es im Norden noch gute Zeltplätze gibt: Big Sand, Scourie, Elphin und Durness. Ausserdem erzählte er mir Horrorstories über Horden von Midges und dass es im Spätsommer besser sei, mit einem Netz am Hut rumzulaufen, denn die Biester würden sonst überall hinfliegen und reinkrabbeln: Augen, Nase, Mund. Sicherlich übertrieben, aber ein wenig Wahrheit wird sicher dran sein.
Ausserdem meinte er, der Nordosten von Schottland sei kaum sehenswert, was ich mir allerdings schon gedacht habe, denn plattes Land am Meer kenne ich von Mecklenburg schon zur Genüge.
Ich wollte die Isle of Skye nicht über die Brücke bei Kyleakin verlassen, sondern die kleine Straße etwas weiter südlich nehmen um dann dort die Fähre aufs Festland zu nehmen. Die Straße war kaum befahren, der Himmel blau und die Strecke ein Genuß. Das ließ mich meinen Unfall fast vergessen, dennoch fuhr ich vorsichtiger als vorher. Noch ein Crash würde ich mir nicht antun wollen. Die Fähre über den Kyle Rhea war ein besonderes Erlebnis, denn diese recht primitive Fähre wird größtenteils manuell bedient: Die Fähre fährt seitlich an den Anleger ran, die Plattform, auf dem die Fahrzeuge stehen, wird von Hand so gedreht, dass man herunterfahren kann und die Rampen werden ebenfalls händisch herunter- und wieder hochgeklappt. Den ganzen Spaß durfte ich mir zweimal anschauen, denn gerade als die Fähre ablegen wollte, kam  noch ein Auto, das natürlich noch mitgenommen wurde. Auf der Fähre fragte man mich, ob ich zu dem Haufen britischer Motorräder gehören würde, die wenige Stunden vor mir mit 10 BSA-Gespannen und dergleichen in die gleiche Richtung fuhren. Ich verneinte und fragte die Fährleute, ob sie wissen würden, wo die Gespanne hingefahren seien. Sie meinten, Richtung Fort William. Leider fuhr ich nicht in diese Richtung, so dass ich die Leute leider verpasst habe.
... Eilan Donan
Eilan Donan 2 Die Nase muss auch mal frei werden...
Allein das Kalb flößt Respekt ein... ...
Berge sind in Schottland allgegenwärtig Applecross-Pass
Applecross-Pass 2 Ausblick
... Das Meer

Nach der Fährüberfahrt fuhr ich weiter Richtung Loch Duich, wo ich wieder auf die A87 traf. Diese befuhr ich wieder Richtung Norden und kam so am berühmten Eilaen Donan Castle vorbei, wo ich natürlich auch Fotos machte. Leider war alles voller Touris, so dass es mir nicht möglich war, auch schöne Fotos aus der Nähe zu machen.
Auf der A87 bog ich dann kurz vor der Brücke Richtung Plockton ab, damit kam ich auf eine schöne kleine Straße, die entlang der Küste Richtung Norden führte.
Kurz danach erreichte ich den berühmten Applecross-Pass, seines Zeichens der höchste Pass in Großbritannien. Aber mal ehrlich: Wenn man Alpenpässe gewohnt ist, kommt einem der Applecross-Pass eher mau vor, deswegen allein lohnt sich der Umweg nicht. Was sich aber sehr wohl lohnt, ist die dann folgende Straße entlang der Küstenlinie Richtung Norden und Shieldaig. Ironischerweise fuhren die meisten der britischen Sonntagsbiker diese Straße nicht, sondern stattdessen nur den Pass zweimal hoch und runter.

Kleine Lochs gab es zuhauf Emme am Wasser
Wo diese Kette wohl hinführt? ...
... bissel Posing muss auch mal sein...
Posing auch mit Fahrer... blauer Himmel, Sandstrand, man könnt sich fast in der Südsee wähnen
Trockendock ...

Nach Gairloch fuhr ich auf die B8021 und erreichte so den Zeltplatz "Big Sand", der direkt am Meer gelegen und recht groß war. Dort hatte ich bei der Wahl des Platzes wieder nur ein mäßig glückliches Händchen und suchte mir ausgerechnet neben einer Familie mit 2 kleinen, fußballspielenden Knirpsen einen Platz zum Nächtigen aus. Zu meiner Verteidigung muss ich allerdings sagen, dass zum Zeitpunkt meiner Ankunft keine Menschenseele dort war, sondern nur ein Van mit einem mittelgroßen Zelt.
Nach einem leckeren Abendessen war der Tag dann endgültig gelaufen und ich konnt schlafen gehen, die Kinder waren um die Zeit glücklicherweise ebenfalls im Bett. Was mir an diesem Abend noch auffiel, war der späte Zeitpunkt des Sonnenuntergangs. Eindeutig, ich war im Norden angekommen, auch wenn ich nur knapp nördlicher war als Kristiansand am südlichen Ende von Norwegen.

Gefahrene Route

Tag 9, 05.06.2011: Big Sand - Inverewe

...
...
Schönes Haus im Grünen...
Leider zu früh für Fish'n Chips
... Das Reh betrachtete mich misstrauisch.
... schon wieder Sandstrand
nördlichster Punkt der Reise... ...
Traktor zu verkaufen: wenig Rost, minimale Gebrauchsspuren, für Bastler ...
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schöne Steigung... ...
... ein wenig Offroad mit der ES

Das Wetter meinte es einigermaßen gut mit mir an diesem Tag, also ging es weiter gen Norden. Ich wollte an diesem Tag meinen nördlichsten Punkt dieser Reise erreichen und dann wieder umkehren. Ursprünglich wollte ich noch weiter nach Norden fahren, zeitmäßig hätte das auch noch locker funktioniert, aber ich hatte so langsam die Lust verloren und wollte auch auf dem Rückweg noch durch Wales fahren.
Über Gairloch und Poolewe fuhr ich dann nach Ullapool, wo ich mir Fish'n Chips reinpfeifen wollte, nachdem man mir das auf dem Zeltplatz in Big Sand nahegelegt hat. Leider kam ich etwas zu früh an "Britanniens bestem Schnellrestaurant" (laut einem Schild vor der Bude) an und so fuhr ich erstmal weiter gen Norden. Bei Drumrunie verließ ich die A835 und fuhr eine wirklich schöne kleine Straße Richtung Lochinver, von dort aus weiter auf der B869, wo dann der Drumbeg Viewpoint den nördlichsten Punkt meiner Reise markierte. Wieder auf der "großen" Straße A894 angekommen, fuhr ich direkt bis Ullapool, mein Magen knurrte schon, also ließ ich den 16 Pferden in der ES freien Lauf (zugegeben, das tat ich eigentlich immer)...
Die Imbißbude hatte nun offen und ich bekam die erwünschte Portion Fish'n Chips. Um mit dem Positiven anzufangen: Der Fisch war wirklich frisch und lecker, allerdings die Pommes lasch und das Ganze ziemlich fetttriefend. Mir tat der Fisch leid, das hatte er nicht verdient. Wenn das das beste Schnellrestaurant war, möchte ich nicht das Schlechteste erleben. Zumindest jedoch war es eine wirklich große Portion und ich war komplett satt.
Von Ullapool ging es weiter gen Süden, bis ich bei Poolewe einen Zeltplatz fand.


Gefahrene Route

Tag 10, 06.06.2011: Inverewe - Loch Rannoch

...
Emme von oben
Das Foto kann das schöne Grün leider nicht wiedegeben...
Burgruine Strome Castle
1602 wurde die Burg gestürmt und gesprengt, nachdem man versehentlich das eigene Pulver mit Wasser versaut hatte und den Fehler machte, das laut fluchend kundzutun... Darna Corum auf dem Trockendock
Zwei alte Schinken: MZ und BSA BSA
Der Seitenwagen ist natürlich links Ein paar Meilen hat die alte Dame ja schon runter...
... ...
Das ist Hammish, der Besitzer der BSA Plakette eines ägyptischen Motorradclubs aus dem 2. Weltkrieg.
Birningham Small Arms Robuster Seitenwagen-Anschluss
Man beachte die Aufschrift auf dem Helm... google ist überall
Reifenwechsel War auch langsam nötig

Nach dem Zusammenpacken fuhr ich bis zur A87 auf Höhe der Isle of Skye. Von dort aus Richtung Südosten bis Invergarry, am Loch Lochy vorbei und auf einer Nebenstrecke bis Fort William. Irgendwo an dieser Strecke hielt ich in einem kleinen Dorf an, um einzukaufen und zu tanken. Dort sah ich eine schöne alte patinierte BSA stehen. Der Besitzer war nicht zu finden und nach der obligatorischen Fotosession fuhr ich weiter Richtung Fort William. Irgendwann viel später bei einer Pause kündigte ein Donnergrollen was besonderes an und an mir fuhr die BSA samt winkendem Fahrer vorbei. Also alles schnell zusammengepackt und hinterher. Nach ein paar überholten Fahrzeugen hatte ich ihn erreicht und tuckerte mit gemütlichen (aber immer konstanten) 80km/h auf der kurvigen Straße hinter ihm her, den Sound der BSA genießend. Irgendwann hielt er an, selber neugierig, ob ich wohl der Typ mit dem komischen Motorrad war, den er vorher gesehen hatte. Der Fahrer heißt "Hammish" (wenn ich seinen Namen richtig verstanden habe, er sprach einen gut ausgeprägten Akzent) und fährt diese MT21 (also die zivile Version) seit 1976. Es folgte viel Geplauder über Motorräder im Allgemeinen und MZ und BSA im Speziellen.
Nach dem Plausch erreichte ich Fort William. Dort wollte ich neben frischem Sprit auch eine Reifenbude finden, die mir den längst überfälligen Hinterreifen wechseln sollte. Ich fand zwar eine solche Bude, aber Motorradreifen konnten sie nicht wechseln. Also fragte ich, ob ich wenigstens Luft für den Reifen bekommen könnte und wechselte den Reifen in wenigen Minuten, direkt vor der Werkstatt. Zwischendurch hörte ich den vertrauten BSA-Klang und Hammish fuhr wieder an mir vorbei und winkte mir nochmal zu...

Emme auf der Brücke... geschachtelte Brücken
geschachtelte Brücken Teil 2 Der Grund für die Schachtelung
fast leerer Zeltplatz Midges-Fresser

Nach dem Wechsel fuhr ich wieder ein Stück zurück, um etwas weiter Richtung Osten kommen zu können. Beim Tanken traf ich auf eine Gruppe holländischer Motorradfahrer und ich wurde plötzlich in allerfeinstem sächsischen Dialekt auf meine Emme angesprochen. Es stellte sich heraus, dass eine der mitfahrenden Sozias aus Dresden kam, diese war gleich vollends begeistert, eine Emme in Schottland zu sehen. Sie sagte auch, dass am Vortag allein 80 Motorradfahrer aus Holland die Fähre in Edinburgh verließen. Dies erklärte auch die Schwemme an holländischen Kennzeichen in den letzten Tagen...

Die A9, eine autobahnähnliche Schnellstraße, war wie erwartet nicht besonders schön zu fahren und so bog ich bei ersten Gelegenheit auf die B 847 ab und fuhr bis zum Loch Rannoch, wo ich mir einen einsamen Zeltplatz suchte. Dieser Zeltplatz war wirklich einsam, ich war fast der Einzige dort. Um den Midges Herr zu werden, standen am Rand des Platzes mehrere "Midges-Killer", die offensichtlich auch funktionierten. Tieffliegende und mutige Vögel sorgten zusätzlich dafür, dass die Midges nicht überhand nahmen....

Gefahrene Route