Tag 11, 07.06.2011: Loch Rannoch - Thornhill

Nach dem Aufstehen und Bezahlen der Übernachtung fuhr ich erst einmal bis zur nächsten größeren Stadt (Aberfeldy), um der ES Sprit und mir ein großes Frühstück zu gönnen. Im "The Quaich" gab es dann ein "Full english Breakfast" mit Tee (wer wirklich für viele Stunden satt werden will, sollte sich das gönnen). Danach ging es Richtung West-Südwest, am Loch Tay vorbei bis zum Loch Awe und der Halbinsel Knapdale.
The Quaich
Single-Track und Regen
Meine Packmethoden wurden nach und nach perfektioniert
Abgeholzter Wald. Nicht schön, aber mit Wald würde ganz Schottland anders aussehen
Mit der Fähre von Tarbet setzte ich wieder auf die Halbinsel Cowal über, die ich schon auf der Hinfahrt durchfahren habe. Diesmal jedoch wollte ich mir nicht eine kleine Straße entgehen lassen, die einen Teil der Halbinsel quert und die ich auf der Hinfahrt nicht gefunden hatte. Die Straße, als "C11" ausgewiesen, war stellenweise so schmal, dass ein normales Auto nur knapp Platz gefunden hätte. Zum Glück war ich dort der Einzige, so dass ich mich mit dem Problem nicht auseinandersetzen musste.
Mal eine der wenigen breiten Stellen und trotzdem nix los Auf der Fähre...
Die C11, die schmalste Straße meiner Reise Viel schmaler geht nicht mehr...
Mit der Fähre fuhr ich von Dunoon nach Gourock.
Um auf dem folgenden Stück nicht nur auf den großen Straßen unterwegs sein zu müssen, fuhr ich auf einer kleinen Straße von Inverkip nach Largs. Obwohl nur wenige Meilen vom Trubel entfernt, war auf dieser Straße nichts mehr los.
Über Irvine und Kilmnarock fuhr ich weiter Richtung Süden. Hier fing ich auch bereits an, nach Zeltplätzen Ausschau zu halten, aber selbst Einheimische konnten mir da nicht weiterhelfen. Also fuhr ich weiter, irgendwann werd ich schon was zum Übernachten finden, dachte ich mir.
Kurze Pause...
Fähre nach Gaurock Einsame Straße zwischen Inverkip und Largs

Kurz hinter Cumnock sah ich auf der gegenüberliegenden Straßenseit jemanden seine Norton auf einen Parkplatz schieben. Da die Straße doch recht stark befahren war, war es mir nicht möglich, sofort umzudrehen. Aber nach ein paar hundert Metern kam ein Kreisverkehr (in GB ist es selten weit zu einem Kreisverkehr, außer ganz im Norden), auf dem ich umdrehen konnte. Vielleicht kam man dem Kerl helfen und vielleicht weiß er ja auch, wo es einen Zeltplatz gibt.
Als ich ihn erreichte, war er gerade drauf und dran, zu Fuß weiterzulaufen, also hupte und winkte ich ihn zurück. Er stellte sich als Andy vor und ich besah mir seine Norton genauer. Sah es beim Vorbeifahren noch aus wie ein relativ neumodischer Hobel, so war es doch tatsächlich eine echte Commando 750.
Wie sich herausstellte, hatte Andy einen Platten am Hinterrad und wußte nicht genau, auf welcher Straße er unterwegs war, deswegen wollte er bis zum nächsten Hinweisschild laufen. Die Straße konnte ich ihm nennen und er rief den Abschlepper an, um sich abholen zu lassen. Während wir warteten, fingen wir an, über alte Motorräder zu quatschen, und Andy meinte, er sei eine Art "Motorrad-Messie" und hätte so einige alte Motorräder. Als ich ihn nach einem Zeltplatz fragte, überlegte er kurz, konnte mir da nicht weiterhelfen. Stattdessen bot er mir an, bei ihm im Haus übernachten zu dürfen. Da konnte ich natürlich schlecht nein sagen und so hatte ich meine Übernachtung gesichert. Ein kurzer Anruf bei seiner Frau, um sie vorzuwarnen, dass sie Besuch bekommen würden und dann kam auch schon der Abschlepper. Als alles aufgeladen war, fuhren wir noch etwa 30 Meilen bis Thornhill und nach ein paar weiteren Meilen durch kleinste Straßen waren wir da. Seine Frau begrüßte mich mit den Worten "This happens all the time", während sie auf den Abschlepper zeigte. Nach dem Abladen (und einem Tee, natürlich), zeigte mir Andy seine sehr beeindruckende Sammlung, von der ich hier nur einen Teil wiedergeben kann. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr raus, waren das doch fast ausnahmslos Traummotorräder, die man normalerweise nur in Museen zu Gesicht bekommt.
Ariel, Norton, eine Trialmaschine von Greeves, Matchless, Velocette usw. Zu viel, um es in wenigen Minuten alles zu erfassen und es wurde bereits dunkel, so dass man nicht mehr viel sehen konnte. Seine Frau, die bei dem Rundgang teilweise dabei war, sagte scherzhaft "This is all junk! Junk! Junk! Junk!".

Norton Commando Der Abschlepper bereitet sein Fahrzeug vor und Andy schaut neugierig zu.
Aufbewahrungsort fürs Ersatzkettenschloß... Ariel Square Four
Greeves Greeves
Norton Rudge Auch automobile Klassiker hat Andy
Velocette-Überreste Auch eine Hupe aus Ruhla hat sich nach Schottland verirrt...
Noch eine Norton Ariel mit echtem Beiboot
Nach einer überfälligen Dusche meinerseits überfiel uns der Hunger und wir fuhren im 1961er Landrover (von dem habe ich leider kein Foto) nach Thornhill rein, um dort beim Chinesen noch etwas zu holen. Nach dem Essen war es schon nach Mitternacht und ich konnte zum ersten Mal seit Beginn der Reise wieder in einem richtigen Bett schlafen.

Gefahrene Route

Tag 12, 08.06.2011: Thornhill - Hayfield

Frisch erholt stand ich auf und bekam ein kleines Frühstück. Dann musste es jedoch recht schnell gehen, da der Hund von Andy und seiner Frau einen Termin beim Tierarzt hatten. Der Hund, eine einjährige Englische Bulldogge, musste sterilisiert werden. Dafür, dass das Tier fast noch ein Welpe war, war es schon ziemlich ausgewachsen und vor allem schnell. Die Verspieltheit verriet allerdings noch den Welpen...
Das ist Andy
ein Baum
Eisenschwein in Nahaufnahme
Goodbye Scotland, hello England!

Das Wetter war an diesem Tag, wie im Wetterbericht angekündigt, mies, es war Regen über ganz England angesagt.
Von Thornhill aus fuhr ich wieder, wie auf der Hinfahrt schon, zwischen Manchester und Sheffield durch, um wieder nach Hayfield zu gelangen. Durch einen Navigationsfehler gelang ich allerdings bis nach Oldham und so langsam zog sich der Verkehr zu: Ich war quasi mitten im Großstadtverkehr. Ich flüchtete von der Straße und suchte auf der Karte meinen derzeitigen Standort. Da es in Strömen regnete, war mein mitgenommenes Navi nicht zu gebrauchen, da es nicht wasserdicht ist. Also fragte ich jemanden, der mir sagte, wo ich eigentlich war und auf meine Frage, wie ich denn hier rauskäme, nur sagte: Über die Autobahn, es gäbe keinen anderen Weg hier raus. Da er mir auch so langsam suspekt vorkam, entschied ich mich, den gekommenen Weg wieder zurück zu fahren, bis ich aus dem Moloch wieder rauskomme.
Als ich das geschafft hatte, hatte ich auch meinen Weg wieder gefunden und konnte so den Zeltplatz in Hayfield erreichen. Der Regen hatte inzwischen aufgehört und ich baute das (inzwischen stinkende, weil 2 Tage nass eingepackte) Zelt auf. Bei den Zeltplatzbesitzern erbettelte ich noch ein wenig heißes Wasser (mein Kocher war ja nicht mehr betriebsbereit) und auch das Abendessen war gesichert.


Gefahrene Route

neues Lager... könnte mal geputzt werden...

Tag 13, 09.06.2011: Hayfield - Folkstone

Muh! Folkstone - Zeltplatz

Das Wetter war ganz gut an diesem Morgen, so wollte ich die Etappe bis nach Dover hinter mich bringen. Der eigentliche Plan, nochmal durch Wales zu fahren, wurde über Bord geworfen, ich wollte das gute Wetter noch nutzen, solang es ging, aber vor allem wollte ich nach Hause. Das Wetter war auch den ganzen Tag stabil und ich hatte eine wenn auch wenig spannende, so doch immerhin entspannende Fahrt bis nach Folkstone, wo ich mir den letzten Zeltplatz für diese Reise suchte.

Gefahrene Route

Tag 14, 10.06.2011: Folkstone - Aachen

Das Wetter zog sich langsam zu, auch Regen wurde angekündigt. Aber das störte mich nicht mehr, ich konnte das Zelt trocken einpacken und würde es für diesen Urlaub auch nicht mehr auspacken müssen. Das Fährticket war wie gewohnt teuer (45 Pfund), ich bekam leider das Ticket für die 8 Uhr-Fähre nicht mehr (zu spät) und musste 2h im Regen warten. Während der Wartezeit kam noch eine Biker-Gang (irgendwelche "Outlaws") dazu, deren Mitglieder allesamt erheblich älter als meine ES waren, daher verzieh ich ihnen auch den Krawall, den ihre (recht neuen, aber immerhin gut gebraucht aussehenden) Harleys veranstalteten, sie hörten sicher selber nicht mehr viel davon. Dass sie dann auch bei Ankunft der Fähre schon ihre Motoren starteten, obwohl noch 20 Minuten Zeit war, war dann auch nicht weiter verwunderlich. Vermutlich waren sie sich nicht sicher, ob ihre Eisen aus Milwaukee gleich anspringen würden. Ich wartete bis zum letzten Augenblick und war doch vor denen auf der Fähre.
Beim Warten auf die Fähre
eine hübsche ES, davor ein amerikanisches Neueisen
Tschüss England!
Letzter Blick auf England

Nach Ankunft in Frankreich (es regnete und sollte auch nicht mehr aufhören) fuhr ich wieder die Autobahn bis Huy in Belgien. Auf der Autobahn gab es einen wirklich langen Stau, den ich aber glücklicherweise zwischen den Autos "umfahren" konnte. Dank zweier Harleys (wieder extrem laut, aber diesmal wars nützlich) vor mir wurde auch immer brav Platz gemacht, so dass ich relativ schnell aus dem Stau rauskam. In Huy dann wieder Stau, aber auch dort wurde mir (auch ohne Lärm zu machen) Platz gemacht. Danach fuhr ich noch ein wenig durch die Ardennen, bis ich in Aachen ankam.
Nach ein paar Steaks und viel Gequatsche konnte ich dann endlich wieder unter einem festen Dach schlafen.


Ankunft in Frankreich Dat is'n Dampfmaschin